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Lehrfahrt nach Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

26. März 2018

Lehrfahrt nach Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

Die diesjährige Lehrfahrt der Fachschule für Landwirtschaft Ravensburg, führte die Studierenden vom 26. bis 29. März 2018 nach Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, und eröffnete einen Blick in große Landwirtschaftliche Unternehmen sowie interessante Diskussionen mit den verschiedenen Betriebsleitern.

Fachschülerinnen und Fachschüler diskutieren mit Betriebsleitern ostdeutscher Agrarunternehmen

Lehrfahrt der Fachschule für Landwirtschaft Ravensburg 2018

Einen interessanten Einblick in landwirtschaftliche Großbetriebe durften 39 Fachschülerinnen und Fachschüler und Lehrer vom 26. bis 29. März im Rahmen der Lehrfahrt genießen, welche die Fachschule in diesem Jahr nach Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen führte. Neben Betrieben mit Sonderkulturen standen vor allem Betriebe mit dem Schwerpunkt Milchviehhaltung auf dem Programm.

Ein guter Unternehmer zu sein bedeutet unter den verschiedenen Rahmenbedingungen erfolgreich zu wirtschaften, jeder Unternehmer muss hierbei seinen eigenen Weg finden. Dieses Kredo steht auch im Rahmen der Ausbildung zum staatlich geprüften Wirtschafter im Mittelpunkt. Eine Region mit etwas anderen Betriebsstrukturen sind die neuen Bundesländer, in denen Ackerbaubetriebe mit mehreren hundert Hektar und Milchviehbetriebe mit mehreren hundert Kühen im Vergleich zu den typisch oberschwäbischen Familienbetrieben eher normal sind und das dortige „Bild der Landwirtschaft“ prägen. Die dort geführten Genossenschaften und Gesellschaften boten den Fachschülerinnen und Fachschülern und damit den zukünftigen potentiellen Hofnachfolgern eine sehr gute Möglichkeit für Einblicke, Diskussionen und Gespräche.

Der erste Stopp führte nach Thüringen zu einem Obstanbaubetrieb mit angeschlossener Vermarktungsgesellschaft. Auf über 1.000 ha werden unter anderem Äpfel, Süß- und Sauerkirchen, Aprikosen und Holunder angebaut und geerntet, alles unter freiem Himmel und ohne Hagelschutznetze oder Ähnlichem. Eine besondere Herausforderung im Anbau stellt der vergleichbar niedrige Niederschlag von ca. 550 Litern pro Jahr da. Da sich die Erschließung von Brunnen als sehr schwer darstellt, hat in diesem Betrieb das Auffangen und Verwerten von Niederschlagswasser der großen Lager- und Verarbeitungsgebäude eine große Bedeutung. Die geernteten Früchte werden durch eine eigene Vermarktungsgesellschaft in Zusammenarbeit mit anderen Vermarktungsgesellschaften direkt an den Lebensmitteleinzelhandel vermarktet. Man sei zwar schon eine große Vermarktungsgesellschaft hier vor Ort, sagte der Geschäftsführer, um jedoch am Markt erfolgreich auftreten zu können bedurfte es den Schritt weiterer Zusammenarbeit mit anderen Vermarktungsgesellschaften, und dem dürfe man sich auch nicht verwehren. Zusätzlich stellt der Betrieb jedes Jahr ein paar Hektar Obst zum Selbstpflücken zur Verfügung, was von den Menschen der Region rund um Erfurt sehr gut in Anspruch genommen wird.

Der zweite Tag begann mit einem Besuch bei einem thüringischen Unternehmensverband, der ca. 10.000 ha landwirtschaftliche Fläche bewirtschaftet. Die Unternehmensgruppe ist vollständig eigenmechanisiert. Seit 2012 ist der Betrieb Teil des „BASF FarmNetzwerk Nachhaltigkeit“ und betreibt zusammen mit der BASF vor Ort mehrere Feldversuche. Neben dem Marktfruchtbau wird eine Milchviehherde mit ca. 700 Milchkühen gehalten, besonderes Highlight in diesem Bereich war das vollautomatische 36er Melkkarussell, was ein Melken ohne menschliche Arbeitskräfte ermöglicht. Der Geschäftsführer verwies auf die Verantwortung der Betriebe für die Region, nicht zuletzt deshalb werden neben den landwirtschaftlichen Betrieben zwei Nahkaufmärkte, eine eigene Tankstelle, eine PKW-Werkstatt sowie ein Veranstaltungszentrum mit Kantinenbetrieb betrieben. Die Betriebsgröße und damit Einspareffekte bei Maschinenkosten und Betriebsmitteln sind wichtige Eckpfeiler des Unternehmenserfolgs, betonte der Geschäftsführer.

Einen sehr imposanten Neubau konnte die Gruppe am Nachmittag besichtigen. Ein im Jahr 2014 fertiggestellter Milchviehstall für knapp 1.000 Milchkühe die von 16 Robotern vollautomatisch gemolken werden. Eigentümer dieser Anlage ist eine holländische Familie, die nach einer Auswanderung nach Kanada den Weg in die neuen Bundesländer fand um hier Milcherzeugung zu betreiben. Mit den Erfahrungen aus Holland und Kanada wird hier in einem hochmodernen System Milch erzeugt. Arbeitseffizienz ist ein wichtiges Schlagwort in diesem Betrieb. Neben dem vollautomatischen Melken, wird das Futter vollautomatisch nachgeschoben und auch das Spaltenabschieben wird von Robotern übernommen. Die Milchkühe stehen alle in einem Stall, in der Mitte des Gebäudes ist das Büro der Betriebsleiter auf einer Plattform errichtet, sodass sie alles im Blick haben. Dieser Ausblick sowie der Melkbereich mit zweimal 8 in Reihe geschalteten Melkrobotern, ließen die Fachschülerinnen und Fachschüler aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.

Gut 840 ha ökologisch bewirtschaftete Fläche, dazu 700 konventionell gehaltene Milchkühe, eine Hofmolkerei mit Hofladen und eine über ein Megawatt große Biogasanlage, das waren die betrieblichen Eckdaten der ersten Station am dritten Tag der Lehrfahrt. Die Schüler zeigten sich von diesem Betriebsverbund und der „Co-Existenz“ von ökologischer und konventioneller Landwirtschaft auf einem Betriebsstandort sehr beeindruckt. Wirtschaftliche Effizienz ist auch in diesem Betrieb ein wichtiges Schlagwort, nicht zuletzt deshalb werden die Flächen ökologisch bewirtschaftet und das Getreide sowie das angebaute Feldgemüse und Kartoffeln entsprechend vermarktet. Die Milcherzeugung wird hingegen konventionell betrieben, da sich die ökologische Erzeugung laut Aussage der Betriebsleitung als nicht wirtschaftlich herausstellte. Der Betrieb ist ein gutes Beispiel dafür, dass ökologische Landwirtschaft nicht ausschließlich auf innerer Überzeugung beruhen muss, sondern die Wirtschaftlichkeit für den einzelnen Unternehmer das ausschlaggebende Kriterium sein kann.

Der letzte Betriebsbesuch der Abschlussfahrt führte die Gruppe ebenfalls zu einem Milchviehhalter. Das gewerblich geführte Einzelunternehmen mit rund 2.700 Milchkühen erzeugt täglich zwischen 65.000 und 70.000 Kilogramm Milch, eine erste grobe Zielgröße nach der der Betriebsleiter täglich den Erfolg seines Betriebes beurteilen kann. Gemolken wird hier in einem 60er Außenmelkkarussell 24 Stunden rund um die Uhr im Dreischichtbetrieb. Der Betriebsleiter machte deutlich, dass die kostengünstige Erzeugung von Milch für ihn das A und O ist; da gehört das günstige Bauen von Kuhplätzen für ihn zwangsläufig dazu. Wenig Niederschläge, fast kein Schnee und wenige Tage mit Temperaturen unter Null Grad waren die Grundlage für die überdachten Liegeboxen der Kühe im Außenbereich, der Rest inkl. Futtertisch ist nicht überdacht. Für 1.200 € je Kuhplatz (ohne Melktechnik) wurde ohne Förderung gebaut. Gut die Hälfte der Kühe sind im neuen Stall, die restlichen Kühe werden in umgebauten Altgebäuden gehalten. Kosteneffizienz war das Schlagwort auf diesem Betrieb und passend dazu ein großes Schild am Melkgebäude mit einer Losung aus der Zeit der ehemaligen DDR: „Aus jeder Mark, jeder Stunde Arbeitszeit und jedem Gramm Material einen großen Nutzeffekt“, das gelte heute noch genau so, sagte der Betriebsleiter zum Abschied.

Abgerundet wurde die Abschlussfahrt durch ein Kulturprogramm durch Leipzig, als auch durch Besuche im Braunkohletagebau sowie im K+S Schaubergwerk in Merkers. Die Tour durch den Osten der Republik brachte den Fachschülerinnen und Fachschülern viele Einblicke in interessante Betriebe, interessante Gespräche und Diskussionen mit verschiedenen Mitarbeitern und Betriebsleitern. Trotz unterschiedlicher Strukturen hat jeder der besuchten Betriebe seinen Weg zum erfolgreichen Wirtschaften gesucht und gefunden. Betriebliche Größe kann ein Schlüsselfaktor sein, jedoch wurden auch Probleme der Betriebe deutlich. So ist zum Beispiel die Suche nach Arbeitskräften eine enorme Herausforderung und mündet mehr und mehr in Arbeitsverhältnissen mit osteuropäischen Arbeitsnehmern.

Unternehmer sein will gelernt sein. Die Lehrfahrt der Fachschule Ravensburg 2018 war ein Puzzleteil im Rahmen der Weiterbildung zum staatlich geprüften Wirtschafter für Landbau, die das in den Winterhalbjahren Erlernte anschaulich ergänzte.

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